Ein bisschen Mut und dickes Fell
Tina Freund und Christina Weise unterrichten an einer kaufmännischen berufsbildenden Schule und sie hatten eine mutige Idee: Ein Schulfach, das Theorie und Praxis wirklich verbindet. „Praktische Unternehmensführung“ heißt ihr neues Fach, das sie im Rahmen des Deutschen Lehrkräfteforums entwickelt haben. Die Schüler*innen gründen darin Modellunternehmen, übernehmen selbst Abteilungen, rechnen ab, gestalten Produkte und erleben Schule als echten Lern- und Gestaltungsraum.
Was so selbstverständlich klingt, war ein Wagnis. Am Anfang stand Skepsis, besonders im Kollegium und auf Seiten der Schulleitung. Doch Tina und Christina ließen sich davon nicht bremsen. „Es braucht ein bisschen Mut und ein dickes Fell“, sagt Christina rückblickend. Sie wollten zeigen, dass Schüler*innen Verantwortung übernehmen können, wenn man ihnen vertraut. Heute sind die beiden überzeugt: Genau dieses Vertrauen ist der Schlüssel.
Im neuen Fach geht es nicht nur um Buchführung oder Marketing. Es geht darum, Zukunftskompetenzen zu trainieren: Teamarbeit, Kommunikation, Selbstorganisation. Die Schüler*innen reflektieren ihr Handeln, lernen aus 'Fehlern' und übernehmen Verantwortung. „Wir ziehen uns so weit wie möglich zurück“, erklärt Tina. „Sie führen das Unternehmen, wir begleiten den Lernprozess. Das ist für uns eine neue Rolle."

Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Schulentwicklung gelingen kann: Nicht als theoretisches Konzept, sondern als lebendiger Prozess. Sie probierten aus, warfen wieder um, gestalteten im Laufen und legten direkt los.Anfangs bekamen Tina und Christina zwei Stunden im Stundenplan – 'Macht mal!' – hieß es. Heute ist das Fach fester Bestandteil des Schulprogramms. Die Schulleitung unterstützt aktiv, weil sie gesehen hat, wie begeistert und stolz die Schüler*innen ihre Projekte präsentieren.
Im Rahmen des Projektes im vergangenen Jahr gestalteten 2 Klassen unter dem Titel 'LernRaum in Bewegung' auch kreative Konzepte, um mehr Bewegung in den Unterricht zu bringen und gleichzeitig gesunde, nachhaltige Pausensnacks anzubieten. Ein Höhepunkt war die Produktion und der Verkauf dieser Snacks im Schülercafé: Inklusive Preisgestaltung und Buchhaltung.
Mit ihrem Beitrag gewannen die Schüler*innen den 1. Platz beim Kreativwettbewerb der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und erhielten ein Preisgeld von 800 Euro. Ihre Ideen und Materialien stehen über eine Taskcard der gesamten Schulgemeinschaft zur Verfügung, damit Bewegung und Gesundheit fester Teil des Lernalltags werden. In der Schule und auch in der Öffentlichkeit zeigen die Schüler*innen stolz, was sie entwickelt haben (Wie das aussieht, könnt ihr hier sehen: https://youtu.be/lLPI-nEzt-g)
Und die Geschichte geht weiter: Das im vergangenen Jahr gestartete Schulentwicklungsprojekt ist inzwischen fest im Schulalltag verankert. Zwei neue Klassen haben im Rahmen eines Projekttags ihr Modellunternehmen „world culture“ gegründet und laden die Schulgemeinschaft unter dem Motto:
„Entdecke die Welt an einem Tag: Lass dich von den Farben, Klängen und Köstlichkeiten verschiedener Länder inspirieren!“
zu verschiedenen Länderthementagen im laufenden Schuljahr ein.
Tina und Christina zeigen, wie Innovation in Schule entstehen kann – mit Vertrauen, Mut und konkretem Handeln. „Wenn man praktisch was tut, hat man mehr Freude dran und das gilt für uns genauso wie für die Schüler“, sagt Tina.
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