Wir wundern uns. Überall stößt unser Impuls, Schüler*innen auf Netzwerk- oder Werkstatt-Treffen einfach mal mitzubringen auf offene Ohren und Zustimmung. So far so good. Aber weshalb braucht es dazu eigentlich einen Anstoß oder eine Einladung? Weshalb melden Schulteams nicht einfach ihre Lernenden direkt mit an? Weshalb sind auf (wirklich, wirklich tollen) Konferenzen rund um Schulentwicklung (so gut wie) nie Schüler*innen anwesend? Weshalb ist es nicht „the new normal“?
Im Januar widmen wir einen ganzen Community Workshop diesem Thema. Zur Kommunikation haben wir Bildmaterial gesucht. Eine ganz simple Sache eigentlich: ein Bild mit Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen, die gemeinsam an einer Sache arbeiten. Zwei Stunden Recherche in sämtlichen Bilddatenbanken später: Fehlanzeige. Wenn wir überhaupt Bilder mit Personen unterschiedlichen Alters gefunden haben, dann zeigen sie lediglich stereotype Rollen: die Lehrperson, die sich instruierend oder erklärend dem Kind widmet, Eltern, Großeltern. Kein einziges Bild „auf Augenhöhe“.
Alles ist in Bilddatenbanken zu finden – sie spiegeln den "Default" unserer Realität wider - und eben auch das, was noch nicht Standard ist. Dass das auch im Fall der Partizipation zutrifft, "durften" wir auch während der Pilotphase erleben.
Neben Schulentwicklungsteams wollten wir auch beobachten und testen, welche Innovationskraft von Schüler*innen-Vertretungen ausgehen kann. Und wurden – samt den motivierten, inspirierten Jugendlichen - mit der harten Realität konfrontiert. Eine Kreisschülervertretung – zuständig für insgesamt 18 Schulen – konnte trotz noch so offener, wertschätzender und einladender Kommunikation keine relevante Unterstützung von Schulleitungen oder Lehrkräften für ihr Anliegen aktivieren. Im Gegenteil: die zuständige Schulamtsleiterin lud die Vorsitzenden der Kreis-SV formal zu sich ins Schulamt und erklärte: an Unterstützung sei nicht zu denken, es gäbe „keinen Innovationsbedarf“.
Don’t get us wrong: wir wollen kein Bashing betreiben. Angesichts der Geschichte mit der Bilddatenbank schauen wir uns ganz selbstkritisch um. Wieviel Augenhöhe bringen wir Kindern auch zu Hause entgegen? Wieviel nehmen wir ihnen ganz selbstverständlich ab, organisieren es für sie? Wieviel halten wir von ihnen fern, gern unter der offiziellen Verlautbarung sie „schützen“, ihnen das nicht zumuten zu wollen? Wenn ich selbst ganz ehrlich hinschaue, dann ist mir meine eigene Autonomie, einfach fix selbst entscheiden zu können, wie Dinge ablaufen und „halt eben so sein müssen“ zu verlockend. Machen wir uns nichts vor: jede Partizipation kostet uns ein Stück unserer eigenen Autonomie und damit Entscheidungs- und Gestaltungsmacht. Sie kostet uns Zeit, Energie und ist ganz sicher auch mühsam und anstrengend.
Die Schulamtsleiterin hat mich zuerst geschockt und wütend gemacht. Mit längerem Nachdenken kommt auch eine Portion Respekt auf: war sie nicht einfach nur sehr sehr ehrlich und hat sich allerlei Vorwände, um edlere Motive vorzutäuschen, gespart?
Wir glauben: wenn wir Lernende wirklich teilhaben lassen wollen, ehrlich und nicht nur „fürs Protokoll“, dann müssen wir uns eingestehen, wie herausfordernd das für uns selbst ist. Und dafür einen neuen Umgang finden. Vielleicht beobachten wir auch erst einmal uns selbst – ohne Wertung, mit offenen Augen und machen uns bewusst, in welchen Momenten wir ganz automatisch für die Lernenden denken, über sie sprechen – statt mit ihnen gemeinsam. Und entwickeln dann – für überschaubare Zeiträume – Hacks für uns selbst. In denen wir uns selbst ausprobieren um zu erleben was passiert, wenn wir echte Teilhabe gewähren. Vielleicht überraschen wir uns selbst und es ist alles viel leichter statt mühsamer.
Den Community Workshop „Learners to Power“ am Mittwoch, den 25. Januar um 16:00 Uhr möchten wir euch nicht vorenthalten! Wir freuen uns auf euch.
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